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Interview
mit Linda Laukamp
am 10. August 2021

Viele Engelskirchener kennen Linda Laukamp von Auftritten mit ihrer Band „Roads&Shoes“ im Baumwolllager und in der Reihe „Musik in den Häusern“ – der Kulturszene hier ist sie schon von Haus aus verbunden. Zu diesem Interview erreiche ich sie in ihrer neuen Heimat in Hannover, wo sie mit Mann und Kind lebt. Aber Engelskirchen ist nicht weit! Schon im September wird sie im Baumwolllager ein Konzert geben mit Roads&Shoes plus Charly Klauser!

Die Musik von Roads&Shoes erzählt Geschichten über Menschen. Manchmal vage Metaphern, manchmal deutliche Beschreibungen – Abschiede, Reminiszenzen, freudige und traurige Begegnungen. Die beiden Musikerinnen Linda Laukamp und Johanna Eicker verarbeiten diese Geschichten zu musikalischen Kleinoden, die sowohl intime Einblicke gewähren als auch dem Publikum die Möglichkeit lassen, sich wiederzufinden. Musikalisch setzen sich die beiden dabei keine Grenzen: Von getragenen Klavierballaden bis groovigen Gitarrensongs – auf der Bühne wechseln sie beständig die Instrumente, um jedem Song gerecht zu werden und ihn im richtigen Sound zu präsentieren.

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Erste Schritte – über welches Projekt sprechen wir heute? Und was war die Motivation zu dieser Arbeit?

Natürlich wird es heute vor allem um „Roads&Shoes“ gehen, weil wir uns schon freuen, bald wieder in Engelskirchen live spielen zu können! Johanna Eicker habe ich 2011 kennengelernt, weil sie für ein neues Projekt (das CrossoverStreichquartett Eklipse) eine Cellistin suchte. Dort haben wir dann zunächst zusammen gespielt – aber es war sehr schnell klar, dass wir musikalisch eine Wellenlänge haben. Irgendwann haben wir dann entschieden, daneben auch ein eigenes Programm zu entwickeln. „Roads&Shoes“ – wir haben uns auf den Weg gemacht und entwickeln eben diesen Schritt für Schritt. Die Band ist nicht unser Hauptprojekt, aber sie ist unsere Herzensangelegenheit! Wichtig für Herzensangelegenheiten ist aber, dass sie nicht unter Stress stehen, dass keine Deadline eingehalten, keine Verträge untereinander erfüllt werden müssen. Da dürfen sich Ideen entfalten, bis sie wirklich reif sind, alle Umwege sind möglich. Wegbegleiterin und Ehrenmitglied ist Johannas Schwester Charly Klauser, die auf unserem ersten Album das Schlagzeug eingespielt hat und, wenn es sich ergibt, mit auf der Bühne steht.

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Der Weg ist also das Ziel?!?

Ja, unbedingt! Und dieser Weg entsteht beim Gehen, ist nicht vorhersehbar. Wir befinden uns auf einer Reise, auf der uns unsere Nähe zu Folk und Pop, gemeinsames Empfinden für Sound und Musik zusammenschweißt. Reisende verändern sich – das ist doch der Sinn der Reise! Es verändern sich im Laufe des Lebens Themen, Texte, auch der Sound – aber es bleibt die Kunst und Fähigkeit, einen Ausdruck zu finden für das, was man sagen will! In diesem Sinne sind wir auch Botschafterinnen für andere Popmusikerinnen: Ihr müsst nicht die Bühne räumen, wenn ihr über 30 seid! Kinder beenden nicht die Show, sie fügen weitere Erfahrungen und Schattierungen hinzu, die euch und eure künstlerische Aussage bereichern!

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Was ist die größte persönliche Überraschung, was das größte persönliche Vergnügen auf dem Weg?

Eine Überraschung ist, dass durch das Vergnügen die Themen weniger werden! Bisher habe ich meine besten Texte geschrieben, wenn es problematisch wurde, wenn Beziehungskrisen Veränderungen brachten. Als Künstlerin betrachte ich das menschliche Miteinander, natürlich gespeist durch mein eigenes Leben. Jetzt hat jedenfalls in dieser Hinsicht die Suche nach dem Glück ihr Ziel gefunden – und ich muss lernen, dieses Glück zu besingen! Lobpreisen ist nötig!

Mein Sohn ist fünf Monate alt und das Leben mit ihm, mit unserer kleinen Familie, entwickelt sich so, dass ich merke, dass ein eigenes Leben weiter möglich ist. Auch wenn die Arbeitsphasen kürzer, die Konzentration geteilter ist: Ich kann mir schon vorstellen, wie groß das Vergnügen sein wird, wenn der nächste Song vollendet ist!

 

Kunst braucht Publikum – welche Rolle spielt für dich dieser Gedanke?

Für mich gibt es zwei Qualitäten von Publikum, die beide gleichermaßen wichtig sind. Das Publikum, das mich hört, baut eigene Geschichten in Resonanz auf meine Texte, auf die Musik. Man fühlt sich angesprochen, identifiziert sich, fühlt sich verstanden, getröstet, übernimmt etwas, um dadurch eigene Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Um dieses Publikum zu erreichen, muss ich mich als Künstlerin schon ziemlich nackt machen. Da meine Texte also sehr privat sind, müssen sie gleichzeitig vage bleiben. So schütze ich sowohl mich als auch das sehr intime Publikum, das mich umgibt in Gestalt von Freunden und Vertrauten. Wenn ich mich in meinen Texten nackt zeige, darf ich natürlich andere nicht entblößen!

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Welche Begegnung oder welches Ereignis war besonders prägend für dich in dieser Arbeitsphase?

Johanna und ich haben diese vergangenen Corona-Monate persönlich sehr sinnvoll genutzt! Wir sind beide Mütter geworden. Diese Erfahrung erlebe ich als eine Phase mächtiger positiver Energie, die mich beschützt vor zu starken negativen Emotionen und gleichzeitig beflügelt zu neuem Ausdruck. Ich kann diesen durch Corona erzwungenen Rückzug durchaus positiv nutzen, indem ich mich mit Musik und Texten beschäftige, die dem Leben Farben verleihen, Ablenkung und Freude bieten. Natürlich will ich nicht eine Pandemie schönreden, aber in diesem Lockdown ist schon auch deutlich geworden, welch gewaltiges Pensum wir uns bisher aufgeladen und zur Normalität erklärt haben. Schade, dass es manchmal das Ausmaß einer solchen globalen Bedrohung braucht, um das zu erkennen. Mehr Entspannung erleben viele von uns als einen sehr wohltuenden Effekt, der auch neue Wege aufzeigt, die in vieler Hinsicht förderlich sind.

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Und wie geht es weiter?

Ganz persönlich muss ich mich nach meinem Umzug nach Hannover natürlich neu aufstellen. Werde ich weiter unterrichten? Wird es wieder größere Touren mit anderen Bands geben? Da gibt es noch keine fertigen Antworten. „Roads&Shoes“ arbeitet an einem zweiten Album, das erscheint, wenn es fertig ist. Und wir starten im September mit einer kleinen Minitour durch das Wendland, Celle, Bielefeld und Engelskirchen.

 

Ich bedanke mich sehr herzlich für das Gespräch – nicht nur bei Linda Laukamp, sondern auch bei dem kleinen Piet, der überaus rücksichtsvoll war und seine eigenen Bedürfnisse in dieser Zeit ganz hintenangestellt hat!

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Katja Gerlach

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