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Interview mit der Schauspielerin, Regisseurin und Dozentin
Heike Bänsch am 09.04.2021

Das Publikum des Alten Baumwolllagers wird sich erinnern an die Aufführung von „Paradiso“, die im vergangenen Oktober zu sehen war. Aber nicht nur die Bühne ist Heike Bänschs Wirkungsstätte, auch im Freilichtmuseum Lindlar lädt sie zu szenischen Führungen durch die Geschichte ein. Als Coachin arbeitet sie mit Menschen unterschiedlicher Berufssparten an Sprache und Auftreten. Theater machen heißt für sie nicht nur selbst schauspielern, sondern vor allem auch Ideen entwickeln, selbst Regie führen. Im Interview begegne ich einer Frau voller Energie, die noch viele kreative Seiten an sich und anderen entwickeln will – und das auch gerne zeigt!

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Erste Schritte – über welches Projekt sprechen wir heute? Und was war die Motivation zu diesem Vorhaben?

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Wir sprechen über die kurz vor der Uraufführung stehende multimediale Aufführung mit dem Titel Vibrationen. – Die Entstehungsgeschichte zu dem Stück liegt schon etwas zurück – historisch VOR Corona! Mich hat die Frage beschäftigt, inwieweit der Klang der Stimme schon Botschaft ist. Stimme ist Musik, Rhythmus – und wenn man, wie es so schön heißt, Musik auch ohne Worte versteht, wirkt dann der gesprochene Text auf der Bühne allein schon durch den Klang, die Melodie? Versteht man auch ohne Verstand der Wörter? Welche Emotionen und Schwingungen erreichen uns, bevor wir das Denken einschalten? Ich habe es ausprobiert – zunächst mit einem martialisch wirkenden, wortmächtigen Text aus Kleists Penthesilea. Zu dem von mir gesprochenen Text hat Meike Astor sich bewegen lassen, sie hat den Klang der Stimme intuitiv umgesetzt in Tanz. Dann hat Kristin Kunze sich in ihrer Rolle als Clownin den Vibrationen des gesprochenen Wortes ausgesetzt und dazu improvisiert. Es ging darum zu sehen, wie die angesprochenen Künstlerinnen sich in Schwingung versetzen lassen, einen neuen, körperlichen Ausdruck finden, ohne Inhalt und Sinn vermitteln zu wollen. – Das NRW Künstlerstipendium gibt mir die Gelegenheit, diesen Vibrationen weiter nachzuspüren, sie auf die Bühne zu bringen. In Coronazeiten sind Vibrationen außerdem ein wunderbares Mittel, negative Energie nach außen zu tragen und loszuwerden! – Der Beginn der Proben fiel übrigens tatsächlich zusammen mit dem zweiten Lockdown im November, so dass der erste Austausch digital stattfand. So haben wir zusammengetragen, wie jede und jeder von uns auf das Zeitgeschehen reagiert, haben in Resonanz auf die Beiträge der anderen zu immer dichteren Vibrationen gefunden. Klar war auch, dass eine mögliche Aufführung nicht nur analog, sondern auch digital geplant sein muss – Corona lässt nur weit offene Pläne zu!

 

Gab es von Anfang an ein Ziel? Oder ist der Weg das Ziel?

Die beeindruckende Entwicklung unserer gemeinsamen Arbeit von November bis Mai ist ein Schatz an sich! Allein der sich gestaltende Aufbruch zu einer gemeinsamen Truppe war voller Überraschungen. Jetzt arbeiten wir mit Kreativen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen: Meike Astor bringt Körperausdruck auf die Bühne, Volker Wurth Tanz, Nico Walser und Philipp Astor Musik, Kai Mönnich Film, Kristin Kunze und ich selbst Schauspiel. Unser gemeinsamer Weg hat aber durchaus ein Ziel: Wir wollen uns zeigen! Wir freuen uns auf die Aufführung!

 

Was war das größte persönliche Vergnügen auf dem Weg?

Alle haben JA gesagt! Meine Idee wurde angenommen! Die Halle 32 hat uns die Türen für Proben geöffnet! Die Presse kam! Gerade in einer Zeit, in der negative Nachrichten überwiegen, bin ich dankbar und glücklich über so viel erlebte und geteilte Freude. Man darf unter allen Umständen darauf vertrauen, dass die Sendung, das, was man mitteilen möchte, ankommt und einen Raum findet.

 

Kunst braucht Publikum. Welchen Raum nimmt dieser Gedanke ein?

Unsere Aufführung erzählt keine Geschichte, sondern ist eine Entdeckungsreise über das Empfinden in dieser besonderen Zeit. Künstlerinnen und Künstler zeigen, wie sie in Schwingung versetzt werden. Jeder künstlerische Ausdruck füllt seinen eigenen Raum, spricht andere Sinne an, weckt andere Resonanzen. Das Publikum ist eingeladen, mitzuschwingen! Lasst euch berühren! Seid bewegt!

 

Welche Begegnung war besonders prägend und hat vielleicht gar das zuerst angepeilte Ziel verändert?

Meine erste Idee war, das gesamte Stück in den digitalen Raum zu verlegen. Aber dann traf ich auf Menschen, die so gar nicht in diesen Raum passten, sich dort nicht so zeigen konnten, wie es ihren Möglichkeiten angemessen ist! Ganz wichtig war aber, jeden Einzelnen mitzunehmen, ihn – oder sie – nicht einzuengen und auszuschließen, sondern den Blick auf neue Gestaltung zu weiten. Also musste der Rahmen geändert werden: Es entstand ein Zusammenspiel von analoger und digitaler Welt. Wir mussten Räume finden, wo vorher keine Räume waren.

 

Und wie geht es weiter?

Wir fiebern der ersten Durchlaufprobe des nun entstandenen Stücks entgegen! Was zeigt sich? Was muss vielleicht noch verändert werden? Und dann: Wo werden wir aufführen? Wie werden wir zu sehen sein? Zunächst nur digital im Livestream? Irgendwann mit Publikum? Wir vibrieren in Resonanz auf das Zeitgeschehen. Überraschenden Wendungen begegnen wir und finden unsere Ausdrucksmöglichkeiten.  Mehr Zeitgeist geht nicht!

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Vielen Dank für das Gespräch!

Katja Gerlach

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Interesse geweckt? Hier gibt es noch mehr Ideen!

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https://www.culturkirche-oberberg.de/veranstaltungen/events/VIS-A-VIS-2021.04.17/?instancedate=1618646400000

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https://www.heikebaensch.de

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kontakt@heikebaensch.de

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